In einer schicksalhaften Winternacht im Jahre 1994 schreckte eine junge Frau aus dem süßen Sog ihrer Träume. Ein Geräusch hatte sie geweckt. Sie setzte sich auf und schaute sich in der Dunkelheit um. Heutzutage hätte sie einfach das Licht eingeschaltet, doch fließend Strom war noch nicht erfunden und man musste jeden Morgen erst einen Eimer davon aus dem Strombrunnen vorm Haus holen, um Licht machen zu können. Der kalte Schein des Vollmondes fiel durch das Fenster und verlieh dem wütenden Schneesturm einen magischen Glanz, der nicht von dieser Welt zu sein schien.
Plötzlich legte sich ein Schatten über das Mondlicht. Furcht ergriff das Herz der jungen Frau, als das Geräusch gewaltiger Schwingen das kleine Schlafzimmer erfüllte. Mit einem mächtigen Schlag flogen die Fenster auf und mit der Kälte kam ein Schatten in den Raum und setzte sich auf den Pfosten am Ende des Bettes. Es war der sagenumwobene Eumel, unnahbar in seiner Weisheit, seinem Geschick und seiner Fantasie, gefürchtet in seiner Macht und, was die wenigsten wissen, er ist wirklich gut in der Anfertigung von kleinen Häkelarbeiten und schokoladenhaltigem Süßgebäck.
Der Frau stockte der Atem, während er langsam näher kam. Vorsichtig breitete er seine Flügel aus und schloss sie in eine sanfte Umarmung. Sie sank in den Schlaf zurück, während er ihr Balladen vom Los ihrer selbst und dem ihrer Nachfahren in der Melodie von Tetris sang.
Wenige Stunden später erblickte Patricia Birnfeld am 13. Dezember zum ersten Mal das Licht dieser Welt, auf der sie wandeln sollte, ohne jemals von den Geschehnissen der vergangenen Nacht zu erfahren.
Die Jahre vergingen und das Mädchen wuchs heran. Aber sie hörte recht schnell wieder mit dem Wachsen auf und kommt heute deshalb nur schwer an hohe Regalfächer. Und als sie das Alter einer Frau erreicht hatte, zog sie aus, um das Gestalten und Erschaffen zu erlernen. Rastlos und voller Wissensdurst streifte sie durch das Land, ständig auf der Suche nach dem perfekten Lehrmeister für dieses Handwerk.
Viele Monde vergingen, in denen sie den gesamten Planeten durchkämmte und auf diversen schicksalhaften Bergen meditierte. Ihr war mittlerweile ein dramatischer langer weißer Bart gewachsen, als sie den letzten übriggebliebenen Berg erklomm, den diese Welt zu bieten hatte. Gleißendes Licht schlug ihr entgegen und auf dem höchsten Punkt des Gipfels trat dieselbe Gestalt vor sie, die einst in jener schicksalhaften Nacht ihrer Mutter erschienen war. Und jene Stimme sprach: " Fürchte dich nicht! Denn ich bin gekommen, um dich an meiner unerschöpflichen Weisheit teilhaben zu lassen." "Cool, danke", antwortete sie. Ihre Suche hatte ein Ende gefunden.
Und so begab es sich, dass sie tagein, tagaus den Lehren des großen Eumels lauschte und sich fleißig Notizen machte. Und als alle Bücher dieses Planeten vollgeschrieben waren, trat Eumel der Allmächtige vor sie und sprach: " Ich habe dich alles gelehrt, was ich zu lehren vermag. Aber du setzt es nur für Blödsinn ein!" "Jop", sagte sie, grinste, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und machte sich auf den Heimweg. Sie wusste, was sie zu tun hatte.